Was ist „Die Geheimlehre“ von H. P. Blavatsky?

Entstehung, Hintergründe, Struktur und Download sowie Tipps für das eigene Studium der Geheimlehre

Großes Bücherregal mit vielen alten Büchern und einer Leiter rechts im Bild

Übersicht und Index

Es finden sich folgend neben der Zusammenfassung zwei Abschnitte in diesem Artikel:

Zusammenfassung

Oft wird behauptet, die Geheimlehre sei nur ein aus anderen Werken kompiliertes Stückwerk. Richtig ist, dass die Geheimlehre auf einigen Strophen eines sehr alten bis dato unbekannten und mystischen Werk basiert, das Buch des Dzyan. Die Strophen daraus bilden der Kern der Geheimlehre. Und dieser Kern wird mittels verschiedener bestehender religiöser und philosophischer Systeme, sowie mittels Mythologie und Wissenschaft, erläutert und belegt.

Die Geheimlehre besteht im Original aus zwei Bänden mit zusammen über 1.500 Seiten, die über einen längeren Zeitraum entstand und 1888 in London in englischer Sprache von H. P. Blavatsky veröffentlicht wurde. Band 1: „Kosmogenesis“ handelt über die Entstehung und Entwicklung des Kosmos und Band 2: „Anthropogenesis“ setzt sich mit der Entstehung und Entwicklung der Menschheit auseinander. Beide Werke sind untergliedert in einem erklärenden Teil zu den Strophen und einen, der in diesem Kontext Symbolik und Wissenschaft behandelt.

Das Studium der Geheimlehre wird durch verschiedene Umstände erschwert, als da sind: Komplexität des Themas, verwendete Terminologie, die Struktur der Darbietung, das Wesen esoterischer Lehren und nicht zuletzt die Mangelhaftigkeit menschlichen Wirkens. Nur das mehrmalige Lesen des Werkes kann eine tieferes Verständnis des Systems der Geheimlehre geben, dem aber auch (esoterische) Grenzen gesetzt sind. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich im Detail verschiedene Auffassungen durch ein Studium der Geheeimlehre ergeben.

Lesedauer: ca. 10 Minuten

Die Geheimlehre – Entstehung, Struktur, Inhalt und Einordnung

Die Geheimlehre war zuerst als eine Aktualisierung von „Isis Entschleiert“, Blavatskys erstes großes Werk, angedacht, entwickelte sich aber nach ihrer Aussage sehr schnell zu etwas ganz eigenem. Sie schrieb in Indien und auch in Deutschland, genauer in Würzburg an der Geheimlehre. Es existiert sogar ein sehr frühes Script dieses Standes, das sogenannte Würzburg-Manuskript. Fertig gestellt wurde die Geheimlehre aber in London, wo sie auch veröffentlicht wurde, ebenso wie Isis in englisch, um den größtmöglichen Leserkreis zu erreichen.

Neben dem zweibändigen Werk „Isis entschleiert“, und zahlreichen anderen Veröffentlichungen, kann man „Die Geheimlehre“ als das literarische Magnus Opus Helena Petrovna Blavatskys betrachten, welche 1888 erstmals mit zwei Bänden veröffentlicht wurde. Es besteht aus Band 1: „Kosmogenesis“ (740 Seiten, in der deutschen Ausgabe) der über die Entstehung und Entwicklung des Kosmos handelt und Band 2: „Anthropogenesis“ (850 Seiten), setzt sich mit der Entstehung und Entwicklung der Menschheit auseinander. Die beiden Bände sind ähnlich strukturiert. Im ersten Teil werden die Strophen aus dem Buch des Dzyan gegeben und erläutert, im zweiten Teil steht die Symbolik und Wissenschaft im Vordergrund, wobei im 1. Band die wissenschaftlichen Betrachtungen ein eigenes Kapitel erhielten.

Band 3: „Esoterik“, welcher sich vor allem mit dem (geistigen) Menschen beschäftigt, erschien erst nach dem Tod Blavatskys. Im ersten Band in der Vorrede sagte sie: „Der dritte Band ist vollständig fertig, der vierte nahezu“ und dort wurde die Veröffentlichung weiterer Bände von der Aufnahme der ersten beiden abhängig gemacht. Aber der heutige dritte Band ist in einigen theosophischen Kreisen nicht unumstritten, da er von der Nachfolgerin Blavatskys in der Theosophischen Gesellschaft, Annie Besant, kompiliert, redigiert und veröffentlicht wurde. Die darin enthaltenen Texte waren zudem nicht unbedingt für die Veröffentlichung von Blavatsky vorgesehen, wobei diesbezüglich gegenteilige Äußerungen existieren. Der dritte Band ist also an und für sich kein Bestandteil der originalen Geheimlehre Blavatskys. Und der dritte und vierte Band von denen Blavatsky sprach, wurden bis heute weder gefunden noch veröffentlicht. Es gibt heute auch noch einen vierten, einen Indexband, mit einem umfangreichen Stichwortregister.

Es sei hier ergänzt, dass die deutsche Übersetzung der Geheimlehre auf der 3. redigierten Auflage basiert, die wiederum nicht unumstritten ist, da auch hier Annie Besant zahlreiche Änderungen vorgenommen hat. Auch zeigen eigene Forschungen in diesem Gebiet, dass durch das Redigieren bzw. Übersetzen gewisse Unschärfen bis hin zu Umdeutungen entstanden.

Auf Basis der Strophen des Dzyan wurde mit zahlreichen Querverweisen in verschiedene religiöse, philosophische und wissenschaftliche Systeme eine ursprüngliche oder universelle Überlieferung dargestellt, d. h. der kleinste gemeinsame Nenner oder innere Kern vieler verschiedener Glaubens-Systeme oder eine Art „Ur-Religion“:

Hingegen ist es vielleicht wünschenswert, unzweideutig festzustellen, daß die in diesen Bänden, wenn auch noch so fragmentarisch und unvollständig enthaltenen Lehren weder der indischen, der zoroastrischen, der chaldäischen oder der ägyptischen Religion, noch dem Buddhismus, Islam, Judentum oder Christentum ausschließlich angehören. Die Geheimlehre ist die Essenz von allen diesen. Die in ihrem Anbeginn aus ihr entsprungenen verschiedenen religiösen Systeme werden nunmehr in ihr ursprüngliches Element zurückgeleitet, aus dem jedes Mysterium, und Dogma entsprossen ist, sich entwickelt hat sind ins Sinnliche herabgezogen worden ist." (Die Geheimlehre, Band I, Vorrede)

Es gibt eine später von Theosophen erarbeitete Liste mit Referenzen, die in der Geheimlehre gegeben sind, also ein Literaturverzeichnis und das enthält über 750 verschiedene Werke, die in der Geheimlehre angeführt werden (mitunter auch ohne Quellenangabe, da damals ein Literaturverzeichnis nicht unbedingt üblich war). Das zeigt nicht nur die unglaubliche Breite der Forschungen, sondern auch die überragende Leistung die erbracht wurde bei der Erstellung der Geheimlehre. Die Manuskriptseiten der beiden Bände, die damals ohne Computer und Internet viel mühsamer erstellt wurden, stapelten sich in Papier mehrere Meter hoch.

Der Untertitel der Geheimlehre lautet: „Die Vereinigung von Wissenschaft, Religion und Philosophie“. Das ist der Anspruch der Theosophie und der Weg dorthin ist lang. Aber Blavatsky hat ein sehr mächtiges und unzerstörbares Fundament für diese ganzheitliche Glaubenslehre zukünftiger Generationen gelegt. Nicht zuletzt unterstreicht die Originalität und herausragende Bedeutung ihres Schaffens die allgemein angenommene Tatsache, dass die Geheimlehre Auslöser der neuzeitlichen, esoterischen Bewegung der letzten 130 Jahre ist.

Und es ist eine Offenbarung dieses Werk zu lesen, auch nach über 130 Jahren der Veröffentlichung. Es ist wie ein geistig-intellektueller Befreiungsschlag, auch wenn die Wortwahl und der Umgangston verglichen mit heutigen Zeiten mitunter inakzeptable Züge annimmt. Das aber sollte den Zeiten bzw. Blavatsky und ihrer Sozialisierung angerechnet werden, nicht aber der Theosophie.

Die von ihr und ihren Lehrern angestrebte Freiheit des Geistes ist in der Breite der Gesellschaft angekommen, jedoch ist auf diesem Weg die Moral weiter auf der Strecke geblieben. Aber das war weder Absicht noch ist es die Schuld der Theosophie. Denn, um ein Beispiel zu nennen, haben „New Age“, im Sinne von „freier körperlicher Liebe, Rauschgift und Rock’n Roll“ ganz und gar nichts mit theosophischen Lehren, Spiritualität oder wahrer Esoterik zu tun.

Das Verstehen der Geheimlehre – wie das Studium gelingen kann

Die Geheimlehre ist kein Werk wie jedes andere. Nach dem ersten lesen wird man nur eine wage Vorstellung des Lehrsystems erreichen. Nach mehrmaligen Lesen wächst das Verständnis Schritt für Schritt und es scheint in dieser Hinsicht, und das ist ein sehr faszinierender Aspekt, nicht so schnell ein Ende zu geben, in dem man sich immer höher in die geistigen Welten aufschwingen kann. Umstände, die das Verstehen und das Studium der Materie erschweren sind folgende:

Die Fülle und Komplexität des Stoffes: Transzendentale hoch philosophische oder hoch spirituelle Betrachtungen sind insbesondere ohne Vorwissen beim ersten lesen nur schwer fassbar. Zudem werden sehr viele Begriffe bspw. aus dem Hinduismus, Buddhismus und anderen Religionen und Philosophien genutzt, was diesen Umstand ohne Vorwissen zusätzlich sehr erschweren kann.

Die Darbietung des Systems: Auch wenn die Strophen einen roten Faden geben, da sie einer chronologischen Ordnung folgen, so sind doch die besprochenen Themen sehr durcheinander an verschiedenen Orten nicht selten unter verschiedenen Bezeichnungen verstreut und innerhalb der über 1.500 Seiten auch nicht einfach zu finden. Der Indexband erleichtert diesen Umstand etwas, ist aber für ein genaues Studium unzureichend.

Das System an sich: Es handelt sich um ein halbesoterisches Werk. Die Esoterik, als geheimes Wissen, ist nicht nur hinter Allegorie, Metapher und Symbolik verborgen, sondern auch hinter Widersprüchen. Das mag mit karmischen Gründen zusammenhängen. Aber wie dem auch sei ist Fakt, dass in der Geheimlehre immer dann, wenn sehr esoterische Wissensgebiete berührt werden, unterschiedliche Darlegungen der Materie existieren. Das können klassische Widersprüche der Autorin sein, aber auch der Tatsache geschuldet, dass unterschiedliche philosophische Systeme zitiert wurden, die an sich schon eine unterschiedliche Auslegung der Materie charakterisieren.

Menschliches Versagen: Die Autorin ,H.P. Blavatsky, macht es selbst oft genug deutlich. Auch wenn sie wissende Lehrer hatte, steht zwischen der Wahrheit und uns Karma und Blavatsky war ein Mensch wie Du und ich. Sie machte Fehler, schätzte Dinge falsch ein, widersprach sich mitunter und: Sie machte in den Jahrzehnten ihres Schaffens eine große Entwicklung hinsichtlich ihres Verständnis der Theosophie durch und auch das ist ein Punkt der hierein spielt, gerade wenn ein so Werk komplexes und vielschichtiges über so lange Zeit entsteht.

Es ganz genau wissen wollen: Man kann relativ schnell eine allgemeine, sehr einfache und gültige Aussage aus den Lehren destillieren, welche die größten Widersprüche und esoterischen Schnittmengen außen vor lassen. Blavatsky selbst gibt oft solche Grundlagen. Das ist der ungefähre Eindruck, von dem gerade gesprochen wurde. Das gibt eine Idee und ist schon sehr viel Wert. Es genau wissen zu wollen, also ein mehr wissenschaftliches Vorgehen, insbesondere in esoterischer Hinsicht, kann dazu führen, dass man sich im Kreis dreht und dementsprechend nicht weiter kommt mit seinem Studium. Das ist also nicht unbedingt eine persönliche Schwäche. Die Lehren enthalten esoterische Geheimnisse und sie werden gelüftet werden, wenn die Zeit gekommen ist. Ist dies noch nicht der Fall, wird dies auch nicht geschehen.

Die Lebensweise: Es wird in der Geheimlehre auch deutlich, das der Grad zumindest des tieferen Verständnisses auch wesentlich vom Grad der Vernunft abhängt, welche der Leser in seinem Leben zu Tage trägt. Ein untugendhafter Mensch, der sehr unvernünftig lebt, wird also mit einem tiefergehenden Verständnis weitaus mehr Probleme haben, als ein Mensch, der bereits sehr spirituell (sprich vernünftig) lebt. Das ist an und für sich auch allgemein gültig, denn angenommen, ein Mensch der ständig Alkohol oder andere Drogen konsumiert, kann sich unter Umständen nicht nur beim Verständnis komplexer spiritueller Darlegungen schwerer tun, als wenn er eine natürlichere Lebensweise durchsetzen würde.

Der Rat lautet also: Lesen, lesen, lesen. Immer wieder von vorne. Es wird so schnell nicht langweilig. Dabei unbedingt skeptisch und logisch bleiben. Anwendung des gesunden Menschenverstandes ist eines der wichtigsten Aspekte des Studiums nach Aussage Blavatskys. Es gibt ein teilweise von Blavatsky erstelltes aber unvollendetes Glossary, zu finden im Downloadbereich, welches einige Begriffe erklärt. Und es ist klar, dass Menschen, die sich einem so komplexen, spirituellen Thema unter den gegebenen Bedingungen widmen, zu unterschiedlichen Sichtweisen gelangen. Ich empfehle also auch, sich ohne andere Hilfe selbst eine Meinung über das Werk und dessen Inhalte zu bilden, um so „unverfälscht“ sein eigenes Verständnis entwickeln zu können. Wenn es ein spirituelles Werk gibt, welches ein lebenslanges Studium lohnt, dann ist es Blavatskys Geheimlehre bzw. das Theosophische Weltbild.

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