Einige wichtigen Tugenden – Erklärung und Übersicht zur Charakterveredelung

Ein tugendhaftes Leben zu führen heißt, ein relativ geistiges oder natürliches und vernünftiges Leben zu führen.

Eine angezündete Kerze in der Dunkelheit

Das Wort Tugend (von mittelhochdeutsch tugent‚ Kraft, Macht, [gute] Eigenschaft, Fertigkeit, Vorzüglichkeit) ist abgeleitet von taugen; die ursprüngliche Grundbedeutung ist die Tauglichkeit (Tüchtigkeit, Vorzüglichkeit) einer Person. Allgemein versteht man unter Tugend eine hervorragende Eigenschaft oder vorbildliche Haltung. Im weitesten Sinne kann jede Fähigkeit zu einem Handeln, das als wertvoll betrachtet wird, als Tugend bezeichnet werden. In der Ethik bezeichnet der Begriff eine als wichtig und erstrebenswert geltende Charaktereigenschaft, die eine Person befähigt, das sittlich Gute zu verwirklichen (Quelle Wikipedia).

Index

Im folgenden werden 13 Tugenden aufgeführt und kurz erkärt:

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Herzensreinheit

Weitere Tugenden, die der Herzensreinheit förderlich sind, sind u. a. Sanftheit, Friedfertigkeit, Wohlwollen, Menschlichkeit, Güte, Geduld, Toleranz, Gewaltlosigkeit und nicht zuletzt die Vergebung.

Wikipedia weiß uns folgendes zur Vergebung zu berichten:

Großmut als Fähigkeit und Bereitschaft zur Vergebung gilt seit der Antike als Tugend von Herrschern und wird heute als ein Merkmal fortgeschrittener Zivilisation angesehen.

Vergebung, das Gegenteil von Rache, ist auch das Erste, was man tun sollte, um überhaupt eine geistige Entwicklung vollziehen zu können. Wer einen Groll gegen irgend etwas oder irgend jemanden in seinem Herzen trägt, der kann sich nicht geistig entwickeln, da solche und ähnliche Gefühle wie Hass, Angst, Wut und dergleichen mehr es vermögen, das geistige Licht im Menschen zu verlöschen. Denn sie stehen dem Geistigen oder Göttlichen, was seit je her als das Gute und Schöne, die Liebe und das Leben, Glückseligkeit und Harmonie an und für sich verstanden wurde, diametral entgegen.

Und diese Vergebung sollte ganzheitlich erfolgen, gleich ob man nun zu Recht oder zu Unrecht einen Groll hegt. Das spielt nicht die Geringste Rolle. Wir alle sind unvollkommen und so hat niemand ein Recht andere zu verurteilen, aber jeder die Pflicht, Fehler anderer zu vergeben, wie grausam und ungerecht sie mitunter auch sein mögen. Die Vergebung kann unser Herz und damit auch unsere Seele spürbar läutern. Die Vergebung, auch allgemein gegenüber dem Leben, welches manche von uns so schwer zu prüfen weiß, ist unabdingbarer erster Schritt auf dem Weg zu einem tugendhafteren und geistigeren Leben.

Karma, das Gesetz der Wiedervergeltung, zugleich auch Gesetz der ausgleichenden Gerechtigkeit, die geistige Entwicklung als primärer Sinn und Zweck der Natur und ihrer vernunftbegabten Geschöpfe und die wichtige Stellung des Menschen in der Ordnung der Dinge oder der höhere Sinn des menschlichen Daseins, all das ist es, was die so wichtige Bereitschaft zur Vergebung auch in schwierigen Angelegenheiten einfacher machen kann. Vergebung ist der erste Prüfstein auf dem Weg der geistigen Entwicklung und Vergebung eines zu Unrecht erfahrenen Leids zweifelsfrei auch einer der schwierigsten.

Hinsichtlich solch einer bewussten Vergebung trifft sicher zu, was schon Goethes Reineke Fuchs wusste,

denn höher vermag sich niemand zu heben, als wenn er vergibt!

Mitleid und Barmherzigkeit

Mitleid und Barmherzigkeit sind Eigenschaften des menschlichen Charakters oder genauer positive Eigenschaften des Charakters, welche auch Tugenden genannt werden, welche eine große Rolle in vielen großen Religionen und Philosophien und auch in der Theosophie spielen, wenn es auf das Thema Moral und Ethik kommt.

Eine Person die Mitleid empfindet öffnet ihr Herz gegenüber der Not anderer. Man kann es auch eine gefühlte Anteilnahme gegenüber Not, Schmerz und Leid Anderer nennen. Viel Tiefgründigkeit liegt in der folgenden Aussage Heinrich Heines:

Das Mitleid ist die letzte Weihe der Liebe, vielleicht die Liebe selbst.

Um zu Mitleid fähig zu sein, muss man ein Herz besitzen und zwar im philosophischen Sinn, d. h. eine Seele und die Anteilnahme an deren wahrer Liebe. Diese wahre Liebe öffnet unser Herz und macht uns zum Kanal der höheren Liebe unserer Seele. Und niemand der so liebt, kann Leid ignorieren und sich der Barmherzigkeit verschließen.

Hinsichtlich der Barmherzigkeit klärt uns das „Etymologische Wörterbuch des Deutschen“ (Akademie Verlag GmbH Berlin, 1993, S. 100) wie folgt auf:

„erbarmen ... 'sich aus Mitleid und Barmherzigkeit jemanden annehmen' ... Erbarmen n. 'Mildtätigkeit, Mitleid... barmherzig Adj. 'mitfühlend, mitleidsvoll, mildtätig' (gegenüber Bedürftigen) …“ usw.

Und das bedeutet nichts weniger als Hilfestellung zu leisten und zwar jenen, die in Not sind, den Armen, den Leidenden, den Bedürftigen, den Kranken, kurzum den Hilfsbedürftigen. Umso größer das Mitleid und die Barmherzigkeit sind, umso größer ist nicht nur der fromme Wunsch zur Hilfeleistung, sondern auch dessen praktische Verwirklichung. In „Die Stimme der Stille“ von Helena Blavatsky lesen wir über dieses Ideal folgendes:

Lasse die sengende Sonne keine einzige Schmerzensträne trocknen, die du nicht selbst vorher vom Auge des Leidenden weggewischt hast. Lasse vielmehr jede heiße Menschenträne auf dein Herz tropfen und dort verweilen. Wische sie erst weg, wenn der Schmerz, der sie gebar, beseitigt ist.

Das ist nicht nur ein idealer Anspruch der ethischen Lehre des Guatama Buddha, die sich in einigen ihrer esoterischen Aspekten in der Geheimlehre zeigt, sondern wurde von vielen Weltweisen und Weltheilanden gepredigt. Es wäre ein vieles Leid vernichtender Segen in der praktischen Umsetzung dessen und doch heute leider viel zu oft nur theoretischer Idealismus.

Es ist an uns – den durch sein höheres Prinzip vernunftbegabten Menschen – auch einen Weg der Vernunft zu gehen und dieser lautet hier in etwa mitzufühlen, soweit es unsere seelische Stärke zulässt und zu helfen, soweit wir es mit unseren Mitteln und durch unsere Hände direkt und vernunftgemäß tun können. Das aber wäre nicht weniger als eine Pflicht.

Wer ein Herz hat, der leidet nicht nur mit, sondern erbarmt sich auch und hilft dem Leid, sofern vernünftig und möglich, ab. Der deutsche Lyriker, Mystiker und Arzt Angelus Silesius wusste wovon er sprach, als er sich wie folgt äußerte:

Mensch, mache dich gemein mit der Barmherzigkeit. Sie ist die Pförtnerin im Schloss der Seligkeit.

Sexuelle Enthaltsamkeit

Es gibt nicht viele Tugenden, die wichtiger wären, als die Enthaltsamkeit und ich rede hier konkret von sexueller Enthaltsamkeit oder zumindest starker Mäßigung.

Es ist immer wieder interessant in alten Büchern zu lesen. Und so lange ist es noch gar nicht her, als ein tiefer Blick in die Augen und das erwiderte Ergreifen der jungfräulichen Hand bereits als ein festes Heiratsversprechen galt. Und dabei wurde man dann nicht selten noch hochrot vor Schamgefühl. Oder man denke an die Schilderungen von Tacitus oder Caesar, wie sie die vorbildliche Enthaltsamkeit der Germanen erwähnten, denen ein „Umgang mit dem Weibe“ vor Vollendung des 20. Lebensjahres als eine große Schande galt. Man darf davon ausgehen, dass ohne Ehe gar nichts auch nur ansatzweise in dieser Richtung passierte.

Und warum uns immer wieder im religiösen oder philosophischen Kontext Enthaltsamkeit nahe gelegt wird, ist einem spirituell veranlagten Menschen im Grunde relativ einfach erklärt: Der Geist ist ewig, die Materie oder genauer die materiellen Formen sind vergänglich. Wir als „irdische Egos“, das „Ich“, sind geistig-materielle Wesen und unsere Zukunft liegt diesbezüglich in unserer eigenen Hand. Das ist Teil des übergeordneten Sinn des Lebens, d.h. eine geistige Entwicklung (der Natur) und hier genauer jener, die sich am besten gegen die vereinnahmenden und herabziehenden Tendenzen oder Regungen der Materie (Körper) behaupten können. Und Sex ist in diesem Sinne mit großem Abstand das materiellste (Sinne, Sinnlichkeit = Körperlichkeit), was ein Mensch auf Erden tun kann und das gilt auch für derartige Gedanken oder auch reine „Trockenübungen“.

Geschlechtsverkehr oder Sex dient, und dabei blicke ich in die Natur, lediglich der Fortpflanzung. So lehrt es auch Theosophie. Das ist der alleinige und natürliche Zweck der geschlechtlichen Vereinigung. Die Geschlechter der Tiere sind abseits der Paarungszeit „neutralisiert“ und die oft genannten, im Vergleich zu den ungezählten Tierarten aber sehr wenigen Ausnahmen diesbezüglich, bestätigen nur diese Regel.

Die sexuelle Vereinigung ist ein heiliger Schöpfungsakt. Er ist das irdische oder körperlich-materielle Abbild eines höheren rein geistigen ideelen Schöpfungsaktes. Aber jeder sexuelle Akt, der nicht der natürlichen Bewandtnis dient, beschmutzt die Heiligkeit unserer Seelen. Reichliche Vermehrung ist gut. Es ist also durchaus sehr tugendhaft eine Familie zu gründen. Und da dieser Zeugungsakt heilig ist, sollte man ihn auch dementsprechend vollziehen. In besseren, sprich geistigeren oder vernünftigeren Zeiten, übten sich die zukünftigen Eltern in Vorbereitung auf die Zeugung in besonderer Reinheit der Gedanken, Worte, Handlungen und des Körpers, d. h. außerordentlich tugendhaftes Verhalten und auch dadurch, dass man sich besonders dem Schönen und Gutem zuwendete, bspw. der Natur, einer geistigen Philosophie oder den schönen Künsten. Der Zeugungsakt selbst wurde in entsprechender Atmosphäre ebenso von Geistigkeit durchdrungen.

Und diese Sichtweise führt heute leider immer wieder zu Missverständnissen oder Unverständnis. Viele sehen in der körperlichen Vereinigung mit ihrem Partner den Kulminationspunkt einer Beziehung und nicht selten wird heute darunter bereits Liebe verstanden, frei nach dem Motto: „Liebe machen“. Jedoch kulminiert bei genauerer Betrachtung nur der Körper über seine Sinne, nicht unbedingt das Herz.

Der wahre (spirituelle) Wunsch nach Vereinigung ist ursprünglich ein rein geistiger und kommt aus unserem Herzen (Seele) und er animiert uns dazu, ein tugendhafteres Leben zu führen, um uns am Ende des irdischen Lebens mit unserer Seele vereinigen zu können, was nur möglich wird, wenn wir geistig und rein genug (geblieben) sind. Wir aber, (noch sehr) unvollkommene geistig-materielle Wesen in einem irdisch-materiellen Körper, lassen uns über den ursprünglichen und wahren (d.h. spirituellen) Grund dieser Sehnsucht täuschen.

Es stimmt zweifelsfrei, dass bestimmte Energien im Körper fließen, die sich nicht unterdrücken lassen. Unterdrücken bringt auch nichts, sondern es sollte umgeleitet werden, Untugendhaftes durch Tugendhaftes ersetzten, bspw. neue Hobbys etc. pp., sodass sich nichts aufstaut, sondern diese Energien, die ja auch einen natürlichen Sinn und Zweck erfüllen, zur Verwirklichung bestimmter Ziele im Leben genutzt werden. Und das alles geht ganz ohne Meditations-Hokus-Pokus. Zudem: regelmäßig kalt abduschen hilft tatsächlich auch in dieser Hinsicht.

Ganz zweifelsfrei ist es richtig, dass ein Mensch Nähe, Wärme und Zärtlichkeit mindestens eines anderen Menschen benötigt, um vollständig Mensch zu sein, schließlich sind wir fühlende Wesen. Aber auch das wird mit Nichten durch eine solche Forderung nach Enthaltsamkeit ausgeschlossen, ganz im Gegenteil, gewinnt die wahre Liebe dadurch eine ganz neue Qualität und diese spirituelle Liebe ist im Gegensatz zur körperlichen Liebe tatsächlich ewig.

Das Geheimnis eines glücklichen Lebens liegt in der Entsagung. (Mahatma Gandhi)

Der wahre Spiritualist (oder Esoteriker), so wie Gandhi einer war, ist bedürfnisarm und entbehrungsreich oder anders gesagt: Die Letzten werden die Ersten sein. Umso näher man seinem höheren Prinzip ist, d. h. um so geistiger man lebt, umso glücklicher ist man. Gandhi wusste sicher auch um den übergeordneten Sinn des Lebens, wie in die Theosophie lehrt, schließlich wurde er von ihr inspiriert.

Wahre Liebe

Heute steht Liebe oft für körperliche Liebe und damit sehr vergängliche Liebe aus Leidenschaft, getrieben meist von den unsteten Begehrlichkeiten und Leidenschaften körperlich-sinnlicher Motive. Sich zu einem höheren Verständnis der Liebe aufzuschwingen scheitert heute meist schon an der „Binsenweisheit“, dass es sehr schwer zu sagen sei, was Liebe denn eigentlich überhaupt ist und sich wohl aufgrund der allgemeinen Unwissenheit darüber, sich am besten ein jeder sein eigenes Bild dazu machen solle, sofern das überhaupt möglich ist.

Aber nichts ist einfacher zu beantworten, als die Frage, was wahre Liebe ist. Es genügt ein Blick zurück. Denn es existiert verborgenen hinter den Wirren der Zeit ein ursprünglicher Liebesbegriff, der jedoch schon seit dem Mittelalter, aber besonders prägend während der Aufklärung eine bedeutende Veränderung erfuhr und droht, gänzlich verloren zu gehen. Vor der Aufklärung war das heute landläufig gängige Liebesverständnis, frei nach dem Motto „Liebe machen“ im Allgemeinen undenkbar. Nicht das es so etwas überhaupt nicht gegeben hätte, aber die allgemeinen Sitten diesbezüglich waren doch noch ganz andere als heute.

In der Antike galt es als unedel einen Menschen wegen seines Körpers zu lieben und für Plato war es (im Gastmahl) ein Zeichen für ein „edelgeartetes Gemüt“, wenn man die Seele eines Menschen liebte, d. h. sein inneres Wesen, und sich bestrebte, mit diesem inneren Wesen (also gänzlich unkörperlich) sich zu vereinigen, denn das macht eine unvergängliche Liebe aus. Andernfalls vergeht die Liebe mit der Blüte des Körpers und dessen Leidenschaften.

Und bis zur Aufklärung verstand man selbst im Abendland unter Liebe noch das hohe Ideal der Fürsorge, d. h. der hingebenden, fürsorglichen, selbstlosen und reinen (oder heute wahren) Liebe, die unvergängliche und höchste Liebe, nämlich die des Herzens, die immer und allein nur von idealen oder höheren, d. h. tugendhaften Motiven getrieben ist.

Fürsorge heißt, sich um jemanden zu kümmern, Sorge für jemanden zu tragen, wenn nötig für dessen Sorgen da zu sein und dementsprechend auch zu helfen und das hingebungsvoll, d. h. durchaus emotional und wenn es sein muss, unter eigenen Opfern, indem man seine eigenen Bedürfnisse hinten anstellt und das auch gegen widrigste Umstände, was auch bedeutet, ggf. bestehende Probleme zu lösen, anstatt lieber davonzulaufen.

Nun mag jeder seine individuellen Bauchgefühle oder (tiefergehende) Leidenschaften für Liebe halten, aber wahre Liebe hat weder mit Sexualität noch mit Leidenschaften überhaupt auch nur das Geringste zu tun, denn diese Liebe gründet in unseren Herzen, dem Sinnbild des höheren geistigen Prinzips in uns, welches mitunter auch als Seele bezeichnet wird.

Diese tugendhaften Bestrebungen, die eine Richtschnur für unser Leben sein sollten, sofern wir eine geistige Entwicklung anstreben, sind auch das, was in Nahtoderfahrungen geäußert wird, denn die Schilderungen der Betroffenen haben sehr vieles gemeinsam und das weltweit über alle religiösen Grenzen hinweg. Eine, wenn nicht die wichtigste gemeinsame Botschaft, die uns diese Menschen übermitteln, ist folgende: Achtet immer darauf, was ihr in anderen Menschen auslöst. Bemüht euch auf wahrhaftiger Basis immer Dankbarkeit, Freude und Liebe in ihnen auszulösen! Das ist es, was wichtig ist und letztlich wirklich zählt, nicht unser Ego. Und was anderes ist das, als der erste Schritt zur wahren Liebe, eine wahre oder selbstlos fürsorgenden Liebe die mit der Art der Bindung und deren Dauer wächst, die wir zu den verschiedenen Menschen in unserem Leben haben?

Wenn Liebe Begehren ist, dann ist wahre Liebe das Begehren danach selbstlos Gutes zu tun und Fürsorge zu leisten, also wahrhaft liebend zu sein. Das beginnt bei den Eltern, über die Geschwister, zieht sich durch die ganze Familie und Freunde, über die individuellen Freunde bis hin zum Partner oder der Partnerin, mit der wir einen Bund fürs Leben in guten wie in schlechten Zeiten eingehen und wird auf eine ganz unbeschreibliche und höchst wundervolle Art und Weise gekrönt von der natürlichsten und damit wahrhaftigsten, tief aus unserem Herzen hervorquellenden, unversiegbaren göttlichen oder wahren Liebe, und das ist die Liebe zu unseren eigenen Kindern.

Das ist das höchste irdische Abbild der wahren, heiligen und selbstlos fürsorgenden Liebe, zu der sich ein Mensch erheben kann und das ist eine Liebe, die wir streng betrachtet jedem Menschen entgegen bringen sollten. In Bezug zur wahren Liebe wird auch in den theosophischen Lehren deutlich, was der deutsche Philosoph Karl Jaspers wie folgt formulierte:

Wir sind sterblich, wo wir lieblos sind, unsterblich, wo wir (wahrhaftig) lieben.

Selbstlosigkeit

Hilfsbereitschaft, Hilfeleistung

Die Hilfsbereitschaft bzw. Hilfeleistung ist eine der edelsten Tugenden, und eines der prägendsten Aspekte des geistigen Lebens. Helena Petrovna Blavatsky schrieb:

Wer nicht praktischen Altruismus pflegt, wer nicht bereit ist, seinen letzten Bissen mit einem anderen zu teilen, der schwächer oder ärmer ist als er, wer es verabsäumt, seinem Mitmenschen zu helfen, wo immer er ihn leiden sieht, und welchem Volk, welchem Glauben immer er angehören mag, wer sich dem Schrei des menschlichen Elends taub zeigt, wer hört, wie ein Unschuldiger verleumdet wird, und ihn nicht verteidigt, als wäre es er selbst, der ist kein Theosoph.

Und für einen Menschen, der im übertragenen Sinn ein Herz besitzt bzw. es am rechten Fleck trägt, für den wäre es wohl auch absolut undenkbar, einen in Not geratenen Menschen nicht zu helfen, sofern er denn vernunftgemäß zu helfen vermag.

Der aktive oder praktische Ausdruck von Selbstlosigkeit, Mitleid und Barmherzigkeit bzw. Nächstenliebe ist nichts anderes, als der Wunsch bzw. innere Drang zu helfen, wo Hilfe benötigt wird. Es ist nicht nur eine der, wenn nicht sogar die geistigste Handlung, die man auf Erden vollbringen kann, sondern sie erfüllt nach erledigter Tat auch mit größter innerer oder geistiger Freude, zweifelsfrei eine unbändige Gewissens- bzw. Seelenfreude darüber, das getan zu haben, was ein Mensch auf Erden tun sollte.

Je mehr der Mensch durch wahre Selbstzucht die Herrschaft über sich erlangt, desto bereiter neigt er sich in barmherziger Liebe dem hilfsbedürftigen Nächsten zu. (Hildegard von Bingen, deutsche Mystikerin)

Die theosophischen Grundregeln bezüglich der Hilfestellung sind relativ schnell zusammengefasst:

  • Helfe, wenn Du vermagst Hilfe vernunftgemäß zu leisten.
  • Helfe vor allem durch Deine eigenen Hände und nicht durch Dritte.
  • Helfe nicht aufgrund des Lohnes oder Dankes wegen, sondern deshalb, weil es gut ist, es so zu tun.
Und durch die theosophischen Lehren wird auch deutlicher, dass die Hilfeleistung, genauer die aufopferungsvolle Hilfeleistung ein wesentlicher Aspekt der geistigen Entwicklung dieses Kosmos und seiner Wesen ist. Und wie fühlen sich bspw. Mutter und Vater, die erfolgreich ihre Kinder auch unter persönlichen Opfern einen idealen Start ins Leben ermöglichen? Richtig, sie fühlen sich normaleweise als die glücklichsten Menschen auf Erden.

Die hohen geistigen Ideale geben die Richtung vor. Nicht nur für unserer Kinder, sondern auch für unsere Eltern, Verwandten, Freunde usw. Und es muss nicht immer nur die Hilfe in der Not sein. Ist denn einen Menschen glücklich zu machen, ihn ehrliche und tiefe Freude, Liebe bzw. Dankbarkeit spüren zu lassen, d.h. in ihm diese edlen Regungen hervorzurufen, in einer oftmals rauen und trostlosen Welt nicht auch eine große Hilfestellung?

Man muss sich gegenseitig helfen, das ist ein Naturgesetz! (Jean de La Fontaine, frz. Schriftsteller)

Dankbarkeit

Dankbarkeit ist eine wesentliche und sehr einfache Tugend, wenn nicht sogar die einfachste, denn was kostet uns ein verbales Dankeschön? Nicht mehr als ein wenig Besonnenheit. Und wie viel Gutes es stiftet. Und dennoch, viel zu oft wird sie vernachlässigt.

Wir leben in Frieden und Sicherheit, haben ein Dach über den Kopf und alle unsere existenziellen Bedürfnisse befriedigt. Wenn man sich überlegt, dass der nächste Supermarkt nur ein paar Minuten entfernt ist und das man dort tatsächlich so gut wie alles bekommt und das aus der halben Welt und immer frisch und zu jeder Jahreszeit und dann noch in einer fast unüberschaubaren Auswahl und das von früh bis spät? Strom? Kein Problem. Fließend kaltes und warmes Wasser? Kein Problem. Ein warme Wohnung im Winter? Kein Problem usw. usf.

Man kann durchaus auf die Idee kommen, dass das nichts anderes ist, als das sagenumwobene Schlaraffenland, wo Milch und Honig fließen und die nächste Mahlzeit nur ein paar Schritte weit entfernt ist? Viel fehlt zumindest nicht mehr und das wird um so deutlicher, wenn man in die weniger begünstigten Teile dieser Welt schaut. Und gerade weil diese über alle Maßen voll umsorgte Gesellschaft heutzutage auf diesen Planeten alles andere als normal ist, sollten all diese Segnungen doch ein Grund für tägliche Dankbarkeit und Freude sein.

Es ist selbstverständlich anderen Menschen gegenüber dankbar zu sein, aber wie schaut es mit der Dankbarkeit gegenüber der Natur aus, für alle Dinge der Natur, die man für sein Leben nutzt oder verbraucht (und alles nimmt seinen Anfang in der Natur)? Es mag zwar jene geben, die die Natur, bspw. diesen Planeten, genauso wenig als ein beseeltes Wesen begreifen, wie sich selbst und sich wohl eher denken: Warum dankbar sein, schließlich habe ich es doch bezahlt und mir das Geld selbst verdient! Aber wiederum: Um Geld zu verdienen, ist man doch mehr oder weniger auf die Natur und ihre Ressourcen angewiesen, man denke bspw. ganz einfach nur mal an seinen Körper.

Alles was uns umgibt, kommt ursprünglich aus der Natur. und wer sich als beseeltes Wesen begreift, wie auch diesen Planeten oder auch Mutter Natur für beseelt hält, der müsste sich ja geradezu schämen, nie ein Wort oder Gedanken der Dankbarkeit ihr gegenüber verlauten zu lassen und wenn es auch nur gedanklich passiert.

Nicht zuletzt kann man der wichtigen Tugend der Zufriedenheit am besten durch Dankbarkeit Ausdruck verleihen, da Dankbarkeit Zufriedenheit impliziert. Da hat man dann also auch noch zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Und ein solches Dankeschön bezeugt neben einer guten Erziehung nicht nur Zufriedenheit und Tugendhaftigkeit, sondern auch Weisheit bzw. eine gewisse Geistigkeit.

Es ist ein lobenswerter Brauch: Wer Gutes bekommt, der bedankt sich auch. (Wilhelm Busch)

Frauen- und Mütterverehrung

Natürlich ist die Verehrung der Eltern eine altehrwürdige und wichtige Tugend. Hier aber geht es insbesondere um die überlieferte große Verehrung von Frauen und Müttern, denn sie war nicht grundlos und man man zählt auch sie zu den Tugenden, mal davon abgesehen, ob es sich nun um die eigene Mutter oder die Mutter der eigenen oder anderer Kinder handelt.

Auch wenn Frauen aufgrund ihrer körperlichen Schwäche und der Unvernunft der Männer leider in vielen Zeiten zum Spielball eben solcher Männer wurden, so haben doch auch immer wieder Kulturen die besondere Wesenheit der Frauen und ihre wichtige Rolle als Mutter erkannt und sie dementsprechend verehrt und sie zum Teil sogar mit einer Aura der Heiligkeit umgeben, wie bspw. die Germanen. Der Deutsche Philosoph Hegel begründete das wie folgt:

Alles Gute, Große, Schöne der Menschheit nimmt seinen Ursprung unzweifelhaft aus mütterlichem Einfluß.

Diese Verehrung hat auch einen philosophischen Aspekt. Der Mensch kennt mindestens in diesem Sinne seine Mutter, die bis zu einem gewissen Grad fühlbare Natur besser, als seinen Vater, den abstrakten und immer verborgenen Geist. Und deshalb waren weibliche Gottheiten oft geheiligter als die männlichen. Der älteste überlieferte Logos (Verbum, das Wort, ordnendes geistiges Prinzip) war lt. Blavatsky weiblich, die Mutter der sieben heiligen planetarischen Mächte. Die theosophische Kosmogenesis der Geheimlehre beginnt demnach auch wie folgt:

DIE EWIGE MUTTER, GEHÜLLT IN IHRE IMMER UNSICHTBAREN GEWANDE, HATTE WIEDER EINMAL WÄHREND SIEBEN EWIGKEITEN GESCHLUMMERT...

Die Verehrung hat aber auch mehr weltlich-spirituelle Gründe. Die Frau ist aufgrund ihrer Wesenheit ihrem Herz sehr nahe, so wie der Mann aufgrund seiner Wesenheit eher dem Denkprinzip zugeneigt ist. Frauen wissen daher oft intuitiv, wo Männer sich erst (lange) hineindenken müssen. Und da die Einsichten des Herzens Seelenweisheiten sind, so war der Rat besonders tugendhafter Frauen (weil diese ihrem Herzen besonders nahe sind) im Altertum oft sehr hoch geschätzt.

Die Mutter war aus ihrer Herzens- und damit Seelennähe heraus auch immer die Beschützerin der Sitte (Tugenden) und Traditionen in den Familien und somit auch die Wahrerin der Familie an und für sich. Es war die Mutter, die auf den Zusammenhalt innerhalb der Familie und deren soziale Aktivitäten achtete, die überlieferten Sitten und Traditionen pflegte, die die Fahne der Moral hoch hielt, den Geist der Selbstbeschränkung, des Maßes und der Opferwilligkeit in ihrer Familie förderte. Und sie wirk(t)en fürsorgend, ausgleichend, versöhnend, liebend.

Und da die Familien die Zellen im Organismus der Gesellschaft sind, so ist Mutter sein der zweifelsfrei mit Abstand wichtigste und verantwortungsvollste Beruf in einer Gesellschaft. Die Mütter sind nicht nur das Herz und damit die Seele ihrer Familie, sondern auch der Gesellschaft.

Lerne leiden ohne zu klagen

Ein inneres oder äußeres Klagelied bezüglich eines Leids ist ein Klagelied auf das Schicksal (Karma). Und Karma ist die in diesem Kosmos herrschende universelle Gerechtigkeit, die straft, belohnt oder ausgleicht, aber sich letztlich niemals irrt. Und sich darüber, allumfassende Gerechtigt, zu beschweren,wäre unvernünftig. Ein Leid ist gerecht, insofern es auf selbst gesetzte Ursachen zurückgeführt werden kann (was für uns aber oftmals nicht direkt nachvollziehbar ist). Und ist dies nicht der Fall, so wird man für ungerechtfertigtes Leid früher oder später einen karmischen Ausgleich erhalten.

Man mag sein Leid teilen, wenn es sein muss, weil es sich aufgrund dessen, dass man Anderen davon abgibt, dem Sprichwort nach halbiert, aber darüber zu klagen, ist doch eine ganz andere Sache. Man sollte die unvermeidlichen Unannehmlichkeiten oder gerechten Strafen des irdischen Lebens ertragen und sich nicht gegen sie auflehnen. Denn wer sich dagegen auflehnt, die Strafe oder damit verbundene Gerechtigkeit (Ausgleich) nicht annimmt, der ruft zwangsläufig nur neues Karma hervor und so kann es sich nicht erschöpfen.

Aber das eben gesagte bedeutet dennoch nicht, sich seinem Schicksal tatenlos ergeben zu müssen. Es wäre unvernünftig, bspw. eine lebensgefährliche Krankheit ohne ärztliche Hilfe nur zu ertragen, anstatt sich behandeln zu lassen. In einem solchen Fall bedeutet das Ertragen lediglich, dass man mit seinem Schicksal nicht hadern, es also annehmen und dem Leben oder Menschen nicht zürnen soll, was in vielerlei Hinsicht schädlich ist. Und sein Schicksal zu überwinden, kann demnach durchaus sehr vernünftig und auch bewundernswert sein.

Mut und Tapferkeit

Seit Platon zählt die Tapferkeit zu den Kardinaltugenden. Wikipedia belehrt:

Tapferkeit (althochdeutsch: tapfar, mittelhochdeutsch: tapfer = fest, gedrungen, widerstandsfähig gegen Schmerzen) ist die Fähigkeit, in einer schwierigen, mit Nachteilen verbundenen Situation trotz Rückschlägen an seinem Erfolgswillen festzuhalten.

Die Tapferkeit ist also die Kraft, ausdauernd ertragen zu können, man könnte auch sagen die Kraft, die es uns ermöglicht, zu Leiden ohne zu klagen. Es bedeutet, sich in den Augenblicken der Prüfungen (Problemen), gleich ob psychischer oder körperlicher Natur, möglichst besonnen, selbstbeherrscht und ausdauernd zu zeigen.

Man sollte sich ohnehin, so die Empfehlung der antiken Philosophen, im Glück wie im Leid mäßigen und sich nicht allzu sehr weder in die eine noch in die andere Richtung gehen lassen. Gejammere und Geheule steht weder Männern noch Frauen und auch nicht Kindern. Sieht man von einigen Ausnahmen im Leben ab, in denen Tränen durchaus gerechtfertigt sind – und oft, bspw. wenn uns etwas tief berührt, sind sie auch gar nicht zu vermeiden – so sind übertriebene Wehklagen und endlose Trauer in welcher Form auch immer, mehr ein Zeichen von Unvernunft.

Man muss sich nur das Ideal eines tapferen Menschen vergegenwärtigen, ein Mensch, der sich nicht vom Schicksal beugen lässt, egal wie stürmisch die Wogen seines Lebens sind, der Tapfere bleibt standhaft. Und er ist so, nicht weil er herz- oder gefühllos, ignorant oder dumm ist, sondern weil er geistig und moralisch stark ist. Tapferkeit in Vollendung wäre die Beherrschung seines Wesens, um das zu tun, was ein Mensch zu tun hat, die Herrschaft der Vernunft über die Unvernunft oder des Höheren über das Niedere.

Zum Mut hat uns Wikipedia folgendes mitzuteilen:

Mut, auch Wagemut oder Beherztheit, bedeutet, dass man sich traut und fähig ist, etwas zu wagen, das heißt, sich in eine gefahrenhaltige, mit Unsicherheiten verbundene Situation zu begeben…
Das Wort „Mut“ stammt aus indogermanisch mo- = sich mühen, starken Willens sein, heftig nach etwas streben, germanisch moda-, mōþa-, mōþaz, mōda-, mōdaz = Sinn, Mut, althochdeutsch muot = Sinn, Seele, Geist, Gemüt, Kraft des Denkens, Empfindens, Wollens

In der Tapferkeit erträgt man also, in dem man Stand hält, wohingegen uns der Mut befähigt, etwas aktiv auszuführen oder kurz gesagt: Der Mut ist Wagnisbereitschaft und Tapferkeit das Durchhaltevermögen. Wie bei der Tapferkeit spielen auch beim Mut die Klugheit, Besonnenheit, Hoffnung und der Wille eine begleitende Rolle.Handlungen sollten möglichst vernünftig sein, sofern man aber deren moralische oder physische Notwendigkeit und deren Sinn erkannt hat, dann sollte man sie auch entschlossen durchführen, auch wenn man Angst davor hat, indem man diese Angst überwindet. Auch der Mut, sofern er nicht in Übermut ausartet, ist ein Zeichen charakterlicher bzw. geistiger Stärke und wie bei allen Tugenden schadet es nicht, darin zu üben.

„Ein tapferer Geist, im Kampf mit der Widerwärtigkeit“, sagt Seneca, „ist ein anziehendes Schauspiel, selbst für die Götter.“ (J. C. Friedrich v. Schiller)

Ordnung und Sauberkeit

Ordnung ist das halbe Leben, heißt es so schön, nicht zu Unrecht natürlich und die andere Hälfte nimmt dann am besten gleich die Sauberkeit ein, aber im Ernst. Erst vor kurzem habe ich einen gründlichen digitalen und analogen Frühjahrsputz durchgeführt und es war wie folgt:

Am Anfang steht die Idee oder (oftmals höhere weil tugendahfte) Eingebung, dass mal wieder ein Frühjahrsputz angebracht wäre. Die prompte innere Reaktion darauf war: „Muss das denn wirklich sein? Sooo schlimm ist es doch nun wirklich noch nicht.“ Ganz so wie neulich, als während einer ruhigen Minute in mir der Gedanke aufstieg, dass doch da noch ein Knopf anzunähen wäre, was freilich stimmte, aber muss das denn heute sein? Oder gar jetzt? Ja. Jetzt! Nicht morgen, nicht irgendwann, sondern heute!

So wird es gelehrt, man kennt es, „was du heute kannst besorgen…“ oder um mit der Theosophie zu sprechen, „lasse keine einzige gute Eingebung nur ein bloßen Vorsatz sein, sondern handle entsprechend“.

Also gut. Für einen Theosophen hat die Vernunft einen sehr hohen Stellenwert und deshalb war ein Kompromiss unausweichlich. Anstatt keinen, gab es dann zwar einen gehörigen Frühjahrsputz, aber erst, als wieder turnusmäßig Putzen anstand. Und den digitalen Frühjahrsputz habe ich dem analogen gleich folgen lassen, d. h. mal wieder auf dem Rechner aufgeräumt, aktualisiert, „gebackupt" etc., was ja alles Sinn macht, vernünftig und tugendhaft, sehr theosophisch. ABER: Wie immer musste ich mich gegen mein eigenes Dafürhalten entscheiden, genauer den inneren stets so unvernünftigen „Schweinehund“ überwinden – oftmals kein einfaches Unterfangen.

Wer die Welt in Ordnung bringen will, gehe zuerst durchs eigene Haus. (Chinesisches Sprichwort)

Und Ordnung schaffen hat philosophisch betrachtet tatsächlich etwas ungemein Göttliches an sich. Das kam mir vor kurzem bei meiner Lektüre der antiken Philosophen in den Sinn. Ob es nun bei Platon oder Plutarch war, kann ich nicht mehr genau sagen, aber dies wird so ähnlich auch in der Theosophie und anderen Glaubensrichtungen gelehrt und zwar wie folgt:

Am Anfang war das Chaos, als Metapher für den Raum, der wiederum auch als Symbol der ursprünglichen noch undifferenzierten Materie betrachtet werden kann, also die „Wasser des Raumes, das Chaos, die jungfräuliche Mutter“ etc. Und aus diesem Chaos erhob das geistige oder göttliche Prinzip die Welt. Es erhob die Welt aus dem Chaos, indem es im Chaos Ordnung schuf. Und da fiel es mir Dank der antiken Altvorderen wie Schuppen von den Augen: Indem man Ordnung im „Chaos“ bspw. der Wohnung schafft, gleicht man vorzüglich dem göttlichen oder geistigen Prinzip im mikrokosmisch Kleinen.

Ordnung ist die Seele aller Dinge. (Ungarisches Sprichwort)

Und während ich also so den Staub auch mal wieder an, hinsichtlich der letzten Reinigung, scheinbar jungfräulichen Stellen meiner Wohnung entfernte, fiel mir ein lustiger Satz meiner Mutter ein, den sie mir vor noch nicht allzu langer Zeit in einem ihrer Briefe schrieb, dass man sich wohl ärgern könnte, wenn man sieht, wie schon nach wenigen Tagen der Reinigung der Staub wieder sichtbar Platz nimmt, aber man doch bedenken solle, dass auch die Erde aus (kosmischen) Staub entstanden sein soll, ergo: ohne Staub keine Erde! Auch der ungeliebte Staub hat also seine Funktion, eine nicht Unwichtige, was mit einem Augenzwinkern auch nicht einfach von der Hand zu weisen ist.

Und das Gefühl oder die Gewissensfreude nach dem Reinigen ist auch eine göttliche oder geistige Freude, die der getätigten tugendhaften Arbeit anschließend stets innewohnt, wohl nicht nur der innere Lohn der Arbeit, sondern wohl auch der Lohn hinsichtlich der für die Tugenden so enorm wichtigen und erfolgten Selbstüberwindung.

Und auch sich hier nur auf die Ordnung und Sauberkeit im Sinne des Häuslichen bezogen wird, sollte man nicht vergessen, dass Ordnung auch ein viel weiterer Begriff ist, bspw. im Sinne von Recht und Ordnung, indem man sich auch Begebenheiten in seinem Leben entsprechend widmet, die einer ordnenden Hand bedürfen. Das die Sauberkeit, bspw. in hygienischer Hinsicht für den Menschen im letzten viertel Jahrtausend ein sehr großer Segen war und ist, muss niemanden vermittelt werden.

Vertrauen und Hoffnung

Hoffnung ist eine zuversichtliche innerliche Ausrichtung, gepaart mit einer positiven Erwartungshaltung, dass etwas Wünschenswertes in der Zukunft eintritt, ohne dass wirkliche Gewissheit darüber besteht.
Vertrauen ist in psychologisch-persönlichkeitstheoretischer Perspektive definiert als subjektive Überzeugung von der (oder auch als Gefühl für oder Glaube an die) Richtigkeit, Wahrheit bzw. Redlichkeit von Personen, von Handlungen, Einsichten und Aussagen eines anderen oder von sich selbst (Selbstvertrauen). (Quelle: Wikipedia)

Hoffnung und Vertrauen sind mindestens in zwei Aspekten wesentlich im Leben.

Der eine Aspekt betrifft allgemein das Leben. Es ist geradezu unabdinglich Hoffnung und Vertrauen zu haben, um überhaupt ein vernünftiges Leben führen zu können, sozusagen eine unabdingbare Basis, auch wenn man sich dessen nicht ständig bewusst ist. Man legt sich bspw. abends schlafen mit dem Vertrauen über Nacht sicher zu sein und in der Hoffnung, am nächsten Tag wieder zu erwachen. Wie wichtig dies ist, zeigt das Gegenteil von Vertrauen und Hoffnung, was in etwa mit Unsicherheit und Verzweiflung beschrieben werden könnte.

Ein Leben in Frieden und Sicherheit, in relativ planbaren Zuständen, gegebene soziale Grundsicherheiten, befriedigte existenzielle Bedürfnisse, all das sind sicherlich beste Bedingungen, um ein hohes Maß an Hoffnung und Vertrauen entwickeln bzw. auch erhalten zu können. Die Hoffnung stärkt bspw. Mut, Kraft und Tapferkeit und sie baut nicht unwesentlich auf Vertrauen auf, ob nun allgemein das Vertrauen in das Leben oder in andere Menschen bzw. sich selbst oder eben in den Glauben und in diesem Sinn auch in einen übergeordneten Sinn des Lebens.

Vertrauensselig – ein schönes Wort. Vertrauen macht selig den, der es hat, und den, der es einflößt (Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach)

Vernunftgemäß kann man hinzufügen, dass blindes, zu viel oder leichtfertiges Vertrauen an der falschen Stelle auch leicht im Desaster enden kann. Und auch die Hoffnung ist, wie so vieles im Leben, ein zweischneidiges Schwert, denn wer hofft kann auch leicht enttäuscht werden, zumindest gilt dies nicht selten im Bezug zu Menschen bzw. irdischen Begebenheiten. Nur wer gänzlich frei von Erwartungen ist, kann mit Sicherheit nicht enttäuscht werden.

Und dennoch, was wäre ein Leben ohne Vetrauen bspw. in den Glauben und die Hoffnung auf bessere Umstände? Das ist ein wesentlicher Schlüssel zur Glückseligkeit, etwas, was letztlich aus diesem Meer des Materialismus erretten kann, alles in Allen ein unzerstörbares Fundament innerer Sicherheit, der so wichtige unerschütterliche Fels in der imitunter stürmischen Brandung des Lebens.

Das Vertrauen erhebt die Seele. (Jean-Jacques Rousseau)

Kraft und Ausdauer

Wie vieles kann man auch die Kraft von zwei Seiten betrachten. Zum einen die körperliche Kraft: Es ist die Pflicht eines Menschen seinen Körper gesund (und damit kräftig) zu halten, denn er ist bspw. im theosophischen Sinn eine Leihgabe der Natur. Und dementsprechend sollte man seinen Körper auch behandeln und ihn möglichst gar nicht erst durch unvernünftige Verhaltensweisen schädigen bzw. schwächen. Kraft gehört zu einem tugendhaften Leben, auch die körperliche Kraft. Und wer nicht in Wald oder Flur arbeitet, sondern nur noch klickt und „swiped“, der sollte Acht geben, dass er körperlich nicht degeneriert.

Andererseits geht es auch um die innere Kraft und das ist vornehmlich die Willenskraft. Und die Willenskraft ist sehr wichtig für die geistige Entwicklung des Menschen. Da die Willenskraft eine geistige Kraft ist, wird sie gestärkt vor allem durch eine geistige, sprich tugendhafte Lebensweise und geschwächt durch eine materialistische Lebensweise. Warum das so ist, kann deutlich werden, wenn man sich vor Augen hält, dass das Sinnbild des Göttlichen und das Göttliche oder geistige Prinzip sehr oft auch als die höchste Vernunft in Vereinigung aller Tugenden und das in höchster Vollkommenheit gedacht wurde und das dem Geistigen entgegengesetzte nun mal die Materie oder das materielle, sprich unvernünftig-materialistische Leben ist, aus dem in dieser Betrachtungsweise ein Schwacher Wille herrührt

Auch die Ausdauer in ihrem körperlichen Aspekt ist eine wichtige Tugend. In ihrem mehr geistigen Aspekt hat sie unter schwierigen Bedingungen viel mit der Tugend der Tapferkeit zu tun. Um seine Ziele zu erreichen ist (u. a.) ein ordentliches Maß an Durchhaltevermögen wichtig. Und das ist wiederum auch von der Kraft abhängig, nicht selten auch vom Grad der Geduld, die man aufbringen kann. Und wie alles lässt sich auch der geistige Aspekt der Ausdauer am besten durch Übung stärken, d. h. man muss es tun.

Ausdauer ist das Fundament aller Tugenden. (Honoré de Balzac, frz. Philosoph)

Aus der (Willens-)Kraft und der Ausdauer ergibt sich ein unglaublich großes Potenzial für das Wirken des Menschen, eine Tatsache, die das deutsche Sprichwort

Beharrlichkeit überwindet alles

schön zum Ausdruck bringt. Und dieses Kraftpotenzial ist auch nötig, wenn man den übergeordneten Sinn des Lebens, sprich eine geistige Entwicklung, in dieser heutigen so materialistischen Welt bemeistern möchte.

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